Das Steigerlied zum Abschied vom Bergbau

Rat der Stadt sagt „Danke, Kumpel“

Knappenchor bei der Ratssizung - Foto: Pressestelle Stadt Gelsenkirchen
Knappenchor bei der Ratssizung - Foto: Pressestelle Stadt Gelsenkirchen

„Glück auf, der Steiger kommt“ – das wohl bekannteste Bergmannslied ist zu Beginn der letzten Ratssitzung des Jahres am Donnerstag, 13. Dezember,  erklungen. Der Knappenchor Consolidation 1917 stimmte es an. Ungewöhnliche und für die Stadtverordneten auch ergreifende Töne, für die es einen besonderen Grund gab, wie Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski betonte: „Wir wollen in dieser letzten Sitzung des Rates der Stadt Gelsenkirchen im Jahr 2018 dann doch nicht so einfach zur Tagesordnung übergehen. Wir wollen doch noch einmal kurz innehalten. Innehalten in diesen Tagen, in denen der Steinkohlebergbau sich endgültig aus dem Ruhrgebiet verabschiedet. Ich denke, das sind wir unserer Geschichte als Bergbau-, als Industriestadt auch in diesem Gremium schuldig.“

 

Nur eine Woche später wird in der Zeche der Nachbarstadt Bottrop auf Proper Haniel am 21. Dezember die letzte Schicht gefahren. Dabei sein werden auch Bergleute aus Gelsenkirchen, der Stadt, die einst zu den größten und bedeutendsten Bergbaustädten Europas zählte.

 

Aus Gelsenkirchen verabschiedete sich der Bergbau bereits vor zehn Jahren ebenfalls im Dezember. „Der Monat Dezember ist für Gelsenkirchen traditionell eng mit der Geschichte der Steinkohle verknüpft. Heute vor fast genau zehn Jahren, am 19. Dezember 2008, stellte mit der Zeche Westerholt das letzte Gelsenkirchener Bergwerk seine Förderung ein. Damit endete die über 150jährige Geschichte des Bergbaus in Gelsenkirchen“, so Dr. Daniel Schmidt in seinem Vortrag. Der neue Leiter des Instituts für Stadtgeschichte gab einen kurzen Überblick über die Rolle des Bergbaus in Gelsenkirchen. Kurz und schlaglichtartig, dabei stellte Dr. Schmidt zu Beginn seiner Rede fest: „Die Geschichte des Bergbaus in Gelsenkirchen ist so reichhaltig und so eng mit nahezu allen Bereichen der Stadtgeschichte verwoben, dass ich eigentlich stundenlang darüber sprechen könnte.“

 

Der Monat Dezember, er zog sich wie ein roter Faden durch die Ausführungen des Institutsleiters: „Vor 150 Jahren, am 2. Dezember 1868, wurde die Zeche Graf Bismarck gegründet, die später das größte Steinkohlebergwerk in unserer Stadt werden sollte und sogar einem Stadtteil ihren Namen gab. Die Geschichte dieser Zeche steht beispielhaft für die Gelsenkirchener Bergbaugeschichte.“

 

Um diese Zeche entbrannte 1966 ein Arbeitskampf, der es als der sogenannte „Knall von Gelsenkirchen“ auf die Titelseite des Nachrichtenmagazins Der Spiegel schaffte.

 

Denn es war die Kohle, um die sich in Gelsenkirchen einst alles drehte, auf der alles aufbaute. Kokereien, chemische Anlagen, Hüttenwerke,  Glasfabriken und zahllose Zulieferbetriebe unterschiedlichster Art sorgten mit ihren Arbeitsplätzen für eine hohe Kaufkraft in der Stadt.

 

„Erst stirbt die Zeche, dann die Stadt“, hieß es immer wieder bei den Arbeitskämpfen, die den Rückzug des Bergbaus begleiteten. Doch so kam es nicht, trotz der enormen Last, die sich hinter dem Wort Strukturwandel verbirgt.

 

Oberbürgermeister Frank Baranowski erinnerte daran, dass die Stadt in vier Jahrzehnten den Verlust von rund 80.000 Industriearbeitsplätzen verkraften musste.  „An den Spätfolgen dieses gewaltigen Umbruchs knabbern wir bis heute. Aber man muss eben auch ganz klar und deutlich sagen, dass das doch ein gewaltiger, ein rasanter Wandel ist, der uns da insgesamt gelungen ist“, so der Oberbürgermeister. Ein Paradebeispiel sei die Zeche Nordstern, wo es gelungen sei, rund 2.000 Arbeitsplätze neu anzusiedeln und wo mit dem Nordsternpark eine der beliebtesten Anlagen für Freizeit und Kultur geschaffen wurde.

 

Die Zukunft liege nicht im nostalgischen Rückblick, ist der Oberbürgermeister überzeugt, und forderte den Rat der Stadt dazu auf, weiter mutig, anpackend und solidarisch die Zukunft zu gestalten: „Denn Berge versetzen hat bei uns schließlich Tradition.“

 

Ohne Nostalgie ging es dann zum Auftakt der Ratssitzung dann aber doch nicht. Alle Stadtverordneten bekamen zum Steigerlied einen Bergmannsschnaps und ein Einmachglas mit einem Stück Kohle zur Erinnerung an den Bergbau im Ruhrgebiet. Ein Exemplar aus der Broschürenreihe Stadtprofile über die Gelsenkirchener Zechen sowie ein Vorabdruck der am 20. Dezember erscheinenden Stadtzeitung mit dem Schwerpunkt Abschied vom Bergbau wurde den Stadtverordneten ebenfalls überreicht.

 


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